Konsumverzicht als erster Schritt?

Ginge ich auf die Straße und befragte Leute, dann würde mir wohl kaum einer sagen, dass er es gut findet, dass wir Lebensmittel verschwenden, dass er an den Klimawandel nicht glaubt oder, dass es ihm egal ist, wenn seine Jeans unter schrecklichen Bedingungen produziert wird. Den wenigsten Menschen sind Umwelt und Fairness egal. Weshalb aber nicht jeder seinem Wissen und Gewissen entsprechend handelt, dafür gibt es viele Gründe. Oft ist die Verbindung zwischen meinem Handeln und den ökologischen Folgen einfach nicht sichtbar genug. Wenn ich erwarte, auch um viertel vor acht im Backshop noch die volle Auswahl zu haben, oder, wenn ich nur die schönsten Äpfel in meinen Einkaufskorb lege, habe ich nicht vor Augen, dass mein Handeln direkt dafür mitverantwortlich ist, dass kiloweise Backwaren, Obst, und vieles mehr am Abend in der Mülltonne des Supermarkts landet. Andererseits sind wir für diese Themen oft zwar sensibilisiert, aber die Kosten für eine Verhaltensänderung erscheinen uns trotzdem zu hoch. Wir finden es zwar nicht schön, unter welchen Bedingungen unsere Kleidung produziert wird, aber es ist eben auch aufwendig, nach einem verantwortungsvollen Hersteller zu suchen. Und wenn wir es gewohnt sind, ein Oberteil für ein paar Euro kaufen zu können, dann widerstrebt es uns einfach, wesentlich höhere Preise zu zahlen.

Die Veränderung hin zu einem bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen geht auch nicht über Nacht, indem ich alle Plastikartikel in meinem Haus sofort ersetze und alle H&M-Kleidungsstücke aus meinem Schrank werfe. Für diese Artikel sind die Ressourcen sowieso schon verbraucht. Mein erster Schritt ist also, zu verhindern, dass ständig mehr Plastik und mehr Kleidung in meine Wohnung kommen – das verschafft mir Zeit. Zeit, um nachzudenken und zu recherchieren und vernünftige Entscheidungen zu treffen. Auch fair und nachhaltig produzierte Teile verbrauchen Ressourcen – für Artikel, die wir nicht wirklich brauchen, zu viel! Von den meisten Sachen, haben wir eigentlich genug da, um gerade nichts Neues kaufen zu müssen (und glauben doch immer wieder, etwas Neues zu brauchen). Da 20 Prozent des Aufwands ja bekanntlich für 80 Prozent des Effekts ausreichen, fange ich also mit den kleinen, einfachen Sachen an und sammle bewusst Schmierpapier (per Post kommt da jeden Tag mehr rein, als ich verbrauchen kann) in einem Fach. Ich schreibe Unternehmen an und bitte sie darum, den Katalogversand einzustellen. Die Kataloge wecken unnötig Bedürfnisse und deren Herstellung und Zusendung verbraucht Ressourcen. Und ich bemühe mich, nicht mehr “schnell, schnell” irgendetwas zu kaufen, sondern jeden Einkauf ganz bewusst zu tätigen.

Auf den Kauf von Lebensmitteln zu verzichten geht natürlich nicht – auch nicht übergangsweise. Also investiere ich die Zeit, die ich spare, weil ich nicht stundenlang durch Kleidungsgeschäfte tigere oder tagelang Bewertungen für ein neues Smartphone lese, um mich über Bio-Siegel zu informieren und gut vorbereitet, ausgestattet mit einer Eierschachtel und einem Brotbeutel, zum Einkaufen zu gehen. Für das Geld, das ich nicht für neue Kleidung, neue Geräte und Fertigprodukte ausgebe, kann ich locker den Mehrpreis für hochwertige, ökologisch hergestellte Lebensmittel zahlen. Und vermutlich habe ich auch noch Zeit über, um Kekse zu backen – die bleiben dann ohne extra Verpackung.